EINE SEITE VON THEODOR FREY
RECHTE & PFLICHTEN
DEMOKRATIE
ANSPRUCH
Unter politisch Gleichen Normen hervorzubringen, die
allgemein bindend sind und sich am Maßstab der
Gerechtigkeit messen lassen.
Dieser Anspruch muss von allen Akteuren
aufrechterhalten werden und darf auch von Mehrheiten
nicht gebrochen werden.
Diesem Anspruch müssen sich auch die Akteure der
globalen Wirtschaft unterordnen.
Diesem Anspruch ist zunehmend nur dann gerecht zu
werden, wenn transnationale Anstrengungen
unternommen werden.
BEFÜRCHTUNGEN
Ist durch die Globalisierung ein Kontrollverlust
eingetreten, die dem Anspruch der Demokratie die
Grundlage entzieht?
Welche Formen der Demokratie sind zumindest in Europa
zu bilden, die dem Anspruch wieder Geltung zu schaffen
vermögen?
KULTURELLER RESPEKT
Menschen leben in kulturellen Symbolsystemen. “Sie zu
ignorieren, zu negieren oder gar zu zerstören hieße
Zusammenhang, Orientierung und Sinn zu zerstören. [ . . .]
Jedes kulturelle Gedächtnis ist in langfristig gewachsenen
Strukturen angereichert worden mit kumulierten Erfahrungen
und individuellen Erfindergeist. Durch Interaktion mit immer
neuen Generationen verändern und erneuern sich kulturelle
Traditionen.”
Aleide Assmann - Menschenrechte und Menschenpflichten - Wien
2018, S.156
MENSCHENWÜRDE
Art 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu
schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und
unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder
menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in
der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes
Recht.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 A
(III) vom 10.12.1948) besteht aus 30 Artikeln, beschlossen von den
Vereinten Nationen.
Artikel 1 (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit)
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.
Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im
Geist der Brüderlichkeit begegnen.
1 Recht auf Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und
Solidarität
2 Freiheit von Diskriminierung
3 Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person
4 Verbot der Sklaverei
5 Verbot der Folter
6 Anerkennung als Rechtsperson
7 Gleichheit vor dem Gesetz
8 Anspruch auf Rechtsschutz
9 Schutz vor Verhaftung und Ausweisung
10 Anspruch auf ein faires Gerichtsverfahren
11 Garantie der Unschuldsvermutung
12 Schutz der Privatsphäre
13 Recht auf Bewegungsfreiheit
14 Recht auf Asyl
15 Recht auf Staatsangehörigkeit
16 Recht auf Eheschließung und Familie
17 Recht auf Eigentum
18 Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
19 Meinungs- und Informationsfreiheit
20 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
21 Aktives und passives Wahlrecht, Demokratieprinzip
22 Recht auf soziale Sicherheit
23 Recht auf angemessene Arbeit und Mitgliedschaft
in einer Gewerkschaft
24 Recht auf Erholung und Freizeit
25 Recht auf einen angemessenen Lebensstandard
26 Recht auf Bildung
27 Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben in der
Gemeinschaft
28 Recht auf eine soziale und internationale Ordnung, in
welcher die angeführten Rechte voll verwirklicht werden
29 Grundpflichten des Einzelnen gegenüber der
Gemeinschaft
30 Auslegungsregel
Die 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
vom 10.12.1948)
Europäische Menschenrechtskonvention
Die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
enthält einen Katalog von Grundrechten und Menschenrechten. Über
ihre Umsetzung wacht der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in Straßburg.
Artikel 1 verpflichtet alle Vertragsstaaten der Konvention, den ihrer
Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I der
Konvention gewährten Rechte und Freiheiten zu gewähren. Die
Verantwortung des jeweiligen Staates ist demnach nicht auf sein
Staatsgebiet beschränkt. Des Weiteren kommt es grundsätzlich nicht
darauf an, ob die betreffende Person Staatsangehöriger des
betreffenden Staates ist oder nicht. Die Verpflichtung nach Artikel 1
richtet sich an alle staatlichen Institutionen, also neben der
Exekutive auch an die Gesetzgebung und die Rechtsprechung.
Internationale Charta für Fairen Handel
"Wir sehen, dass Ungleichheit und Armut zunehmen, weil die
meisten konventionellen Unternehmen und der Handel den Profit
über alles stellen. Der Faire Handel zeigt, dass ein anderer Weg
möglich ist. Die neue Charta verdeutlicht, wie unsere Vision und
Erfahrung dazu beitragen kann, Wirtschaft und Handel auf der
ganzen Welt neu zu gestalten", erklärt Erinch Sahan,
Geschäftsführer der World Fair Trade Organization.
Im Mittelpunkt der Internationalen Charta des Fairen Handels
steht ein gemeinsames Verständnis davon, dass die Vorteile des
globalen Handels gerechter zwischen Landwirt*innen,
Arbeitnehmer*innen, Unternehmen und Verbraucher*innen
verteilt werden müssen.
Muss, soll es über die Verfassung hinaus gemeinsame Werte und
Verbindlichkeiten in einer Gesellschaft geben?
Halte dich fest an Gott.
Mach es wie der Vogel,
der nicht aufhört zu singen,
auch wenn der Ast bricht.
Denn er weiß, dass er
Flügel hat.
Don Bosco (1815-1888)
Eine aufgeklärte Kultur wird sich selbst nicht für die einzig mögliche, allen anderen
überlegene halten können.
„Dass Menschen Orientierungen brauchen, welche auch immer, weil sie Halt
brauchen, wenn sie sich im Leben behaupten wollen, um mit den
Herausforderungen fertig zu werden, die sie oft absehbar, aber eben auch oft
nicht absehbar erreichen, um mit Widerständen fertig zu werden, bei denen man
sich an irgendetwas festhalten muss, darüber gibt es keinen ernsthaften Streit.
Dass auch ganze Gesellschaften. Orientierungen brauchen, gemeinsame
Überzeugungen, auch Verbindlichkeiten, um die Unterschiede zu ertragen, die es
gibt und die man weder aufgeben will noch soll, müsste eigentlich auf dem
Hintergrund dieser Lebenserfahrungen sofort einleuchten. Tatsächlich gelingt
aber genau diese Übersetzung im gesamtgesellschaftlichen Dialog nicht. Teilweise
erklären viele - und gerade die gleichen Leute, die für sich im privaten Umfeld
natürlich solche Orientierungen, auch Verbindlichkeiten, für völlig unverzichtbar
halten - dieses als Vorgabe für eine Gesellschaft für disponibel, verzichtbar oder
überflüssig.
Ich glaube, dass neben den schon spezifisch deutschen Unsicherheiten, die ich zu
Beginn erwähnt habe, auch ein allgemeinerer Reflex eine Rolle spielt - das
komplizierte Verhältnis von Freiheit und Bindung. Jeder will frei sein und die
Vorstellung, dass es so etwas wie nicht beliebig auflösbare Bindungen gibt, steht
einem solchen spontanen Freiheitsverhältnis irgendwo im Wege. Es limitiert
Spielräume. Verdrängt wird allerdings regelmäßig, dass Freiheit Bindungen
voraussetzt, ohne die sie sich gar nicht entfalten kann. Und da sind wir vielleicht
bei einem der hartnäckigsten Missverständnisse in modernen liberalen
Gesellschaften, nämlich die weit verbreitete Erwartung, frei sei eine Gesellschaft
nur dann, wenn in ihr über den eigenen Willen hinaus nichts unbedingt gilt.
Tatsächlich liberal ist eine Gesellschaft aber nur dann, wenn es in ihr die Einsicht
gibt und auch durchgesetzt wird, dass es ein Mindestmaß an Verbindlichkeiten für
alle gibt und geben muss. Ja, dass dies die Voraussetzung der Möglichkeit von
Freiheit ist. Eine meiner zentralen Überzeugungen ist genau diese Erfahrung, dass
eine Gesellschaft die Unterschiede, die es in ihr gibt, nur dann erträgt, wenn es
ein Mindestmaß an Gemeinsamkeiten gibt.“
Norbert Lammert Vortrag in der Katholischen Akademie in München - 2018
Reicht Verfassungspatriotismus ?
Halte dich fest an Gott.
Mach es wie der Vogel,
der nicht aufhört zu singen,
auch wenn der Ast bricht.
Denn er weiß, dass er
Flügel hat.
Don Bosco (1815-1888)
“Der in Deutschland von Jürgen Habermas popularisierte Begriff des
Verfassungspatriotismus erscheint mir zu dürftig' Zu dürftig heißt eben nicht
falsch; nein. Aber er verkürzt Zusammenhänge […] dass diese Verbindlichkeiten
Voraussetzungen haben, die sich vor dem Text ergeben. Oder anders formuliert:
Wenn ich diese Voraussetzungen, auf denen eine Verfassung beruht, für
dispositionsfähig erkläre, erodiert perspektivisch jede Verfassungsordnung. Denn
wenn in dieser Gesellschaft die Orientierungen, die Überzeugungen, die
Erfahrungen verloren gehen oder für gegenstandslos, für überholt erklärt werden,
dann zieht man gewissermaßen der Verfassung den Boden weg, auf dem sie steht,
und dann wird sie nicht länger stabil bleiben können.
Nun gibt es ein weiteres Missverständnis, […] nämlich die Vermutung, da habe mal
irgendwann eine mehr oder weniger zufällige, eher kleine als größere Gruppe von
Personen von dem Privileg rücksichtslos Gebrauch gemacht, für spätere
Generationen festzulegen, was „per omnia saecula saeculorum" gelten soll. Auch
diese Vermutung erweist sich bei genauem Hinsehen als nicht wirklich tragfähig,
denn der virtuelle Kanon von gemeinsamen Erfahrungen, Uberzeugungen,
Orientierungen, Traditionen einer Gesellschaft ist eben nicht ein für alle Mal fixiert;
er wird ständig fortgeschrieben. An dieser Fortschreibung mitzuwirken, sind alle
eingeladen, die in diesem Land leben und bleiben wollen. Das, was in diesem Land
Geltung beansprucht, ist eben nicht ein für alle Mal und unveränderlich in ehernen
Lettern gegossen, sondern es kann sich in einer mal mehr und mal weniger
auffälligen Weise verändern.
Die damaligen Verfassungsväter und Verfassungsmütter wären wahrscheinlich
hochgradig erstaunt, was wir heute für unser Familienverständnis halten, und in
einer wie nachhaltigen Weise wir die rechtlichen Rahmenbedingungen - als Alt-68er
darf ich das erstmal so salopp sagen - der „Beziehungskisten" und der
verschiedensten Arten der Organisation von Lebensverhältnissen inzwischen für
möglich und angemessen halten. Hier wird deutlich, dass eine Gesellschaft
natürlich keine Skulptur ist, sondern ein lebender Organismus, und wo sich aus
dem Gespräch einer Gesellschaft mit sich selbst, der Generationen untereinander,
auch Fortschreibungen ergeben, die mit mal mehr und mal weniger großem
zeitlichem Verzug ihren Niederschlag auch in der Rechtsordnung einer Gesellschaft
finden.”
Die Freiheitsfähigkeit einer Gesellschaft hängt entgegen weitverbreiteter
Vermutungen auch und gerade von ihrer Bindungsbereitschaft ab. Ohne ein
Mindestmaß an Gemeinsamkeiten ist der Zusammenhalt einer Gesellschaft nicht
aufrecht zu erhalten.
Die Frage, ob die letzten Verhaltensdispositionen mit Durchsetzungsanspruch von
Religionen zu formulieren seien oder von der staatlichen Ordnung, ist eine über
Jahrtausende die Gesellschaftsgeschichte, die Menschheitsgeschichte quälende
und beschäftigende Grundsatzfrage gewesen. Auch das sogenannte christliche
Abendland hat beinahe 2000 Jahre gebraucht, bis es diese Frage für sich zugunsten
des Vorrangs staatlicher vor religiösen Regeln entschieden hat.”
Norbert Lammert Vortrag in der Katholischen Akademie in München - 2018
ZWISCHEN HEILS- &
WELTGESCHICHTE
BINDUNGEN
LOSLÖSUNGEN
LOSLÖSUNGEN
GOTT
WELT
WELT
MENSCH
MENSCH
MENSCH
DENKEN
TUN
EMPFINDEN
WÜRDE - ACHTUNG - EHRFURCHT - RESPEKT
WÜRDElosigkeit
ACHTlosigkeit
RESPEKTlosigkeit
RECHTlosigkeit
BINDUNGSlosigkeit
Egoismus
Vereinzelung
Abwertung
Vermassung
Radikaler Nationalismus
BINDUNGEN
LOSLÖSUNGEN
LOSLÖSUNGEN
SINN
GLAUBE
HOFFNUNG
LIEBE
LOSLÖSUNG VOM DEM, DAS UNS BEDINGT
GLAUBE, DER DIE REALITÄTEN IGNORIERT
LÜGE
Hohe Maßstäbe brauchen starke Quellen.
Charles Taylor
"Die Religion des Westens ist nicht mehr das Christentum,
sondern das Bekenntnis zu universalistischen Werten."
Aleida Assmann
Vertikale, überzeitliche Perspektive versus
horizontale,zeitliche Perspektive
•
Wie hängen sie zusammen?
•
Lässt sich die eine Sichtweise von der anderen
trennen?
•
Welche Folgen hat die Loslösung von
vertikalen Gebundenheit?
•
Lassen sich jenseitige Vorstellungen auf der
diesseitgen Ebene (Paradies auf Erden)
erreichen?
•
Wie kann in historischen, von Menschen
gestalteten Bewegungen (Revolutionen der
Ideen und der Taten) erreicht werden, dass die
vertikale Perspektive mit erfasst wird?
•
Sind das geschichtliche Denken nach der
Aufklärung mit den religiösen Offenbarungen
überhaupt noch vereinbar?
•
Hat der moderne Fortschrittsglaube den
Schöpfungs- und Erfüllungs(Erlösungs)-
Gedanken beseitigt?
•
Welche Folgen hat diese Loslösung für den
Glauben und die Vernunft?
•
Sind die Versuche Glauben und Vernunft zu
versöhnen ein Weg, den Menschen auch in
überzeitliche Perspektiven einzubinden?